Paul Niedermann, Sohn von Izieu, verstarb am 7. Dezember 2018

Paul Niederman wurde 1927 in Karlsruhe geboren und gehörte zu den 6500 Juden aus Baden, Saarland und Pfalz, die im Oktober 1940 nach Frankreich deportiert wurden. Nach mehrmonatiger antisemitischer Verfolgung wurde er zunächst im Lager von Gurs und dann in Rivesaltes interniert. Im Jahr 1942 entkommt er zusammen mit seinem Bruder Arnold der Deportation nach Auschwitz dank Sabine Zlatin, der «Dame d'Izieu», die für die OSE (Œuvre de Secours aux Enfants) arbeitet und der er in Izieu, im Departement Ain, folgt, bevor er in die Schweiz geht. Paul Niedermann ist am 7. Dezember 2018 im Alter von 91 Jahren verstorben. Wir ehren ihn.

Foto Maison d'Izieu/ Henry Alexander

Im Jahr 1942, unterstützt vom Ehepaar Zlatin, wurde Paul Niederman in Palavas-les-Flots und dann in Lodève geborgen. Er trat der «Colonie des enfants réfugiés de l'Hérault» in Izieu im Mai 1943 bei. Während eines Jahres wird die Siedlung von Izieu 105 jüdische Kinder aufnehmen.

Im September 1943 verlässt Paul die Kolonie, um sich in der Schweiz heimlich aufzuhalten. Im Alter von sechzehn Jahren begann der Junge, Verdacht über die Kolonie zu erregen und ein wohlwollender Gendarm hatte Miron Zlatin gewarnt. So entkommt er der Razzia vom 6. April 1944, bei der 44 Kinder und 7 Erzieher auf Befehl der Gestapo von Lyon verhaftet wurden, unter der Führung von Klaus Barbie. Diese werden ins Lager von Drancy gebracht, bevor sie für die Mehrheit nach Auschwitz-Birkenau deportiert werden.

Paul Niedermann hatte bei der Verhandlung gegen Klaus Barbie in Frankreich im Jahr 1987 ausgesagt. Er war nach dem Krieg nach Frankreich zurückgekehrt und hat später oft vor den Schülern von seiner Vergangenheit als verfolgtes jüdisches Kind in Frankreich und Deutschland erzählt.

Unsere Gedanken sind heute bei seinen Angehörigen.

Die Maison d'Izieu ehrt ihn mit diesem Auszug aus seinem Zeugnis über seinen Aufenthalt in Izieu:

Für mich sah dieses Haus in Izieu wie eine Oase der Ruhe aus, denn man war wirklich weit weg von der Welt, man konnte niemanden sehen, außer ein paar Bauern aus dem Weiler nebenan. Theo lachte viel. Ich hatte relativ wenig Kontakt, vor allem mit den Kleinen. Was mir aber die ganze Zeit in den Sinn kommt, ist der Abend, auf den Treppenstufen, vor dem Haus, um den Brunnen herum und auf der berühmten Terrasse, wo so viele Fotos gemacht wurden. Wir sprachen über die Nachkriegszeit, wo wir uns treffen würden, was wir tun wollen. Ich würde sagen, dass ich Frau Zlatin selbst relativ wenig gesehen habe, weil sie zu dieser Zeit viel für die Zwecke der Sache unterwegs war. Ich hatte viel mehr Kontakt mit ihrem Mann. Er war wirklich ein sehr netter Mann und ich denke, er war von großer Güte und enormer körperlicher Stärke. Dort lernte ich Paulette Paillarès kennen, die während ihrer Ferien zu Besuch war. Sie war eine Schülerin, sie war ein Jahr älter als ich und kam für einen Urlaub nach Izieu, um den Betreuern mit den Kindern zu helfen. Ich hatte eher Kontakt mit Paulette, mit Henry, mit Arnold und Theo, und wir waren die Großen, wir waren eine eigene Band.
Ich erinnere mich auch an mindestens zwei Sommerbäder in der Rhone mit Léon Reifman, wo man kilometerweit durch die Felder fahren musste und ankam und... mein Glaube, er musste Orte ausfindig machen, weil die Rhône an einigen Stellen ziemlich gefährlich ist, da gibt es Löcher, da gibt es Wirbel und er musste das wohl sehr sorgfältig ausfindig machen, denn es ist nie etwas passiert. Auf den Monitoren sprach niemand Deutsch und sogar Jiddisch, und niemand wollte es sprechen; sie wollten, dass wir Französisch sprachen. Und es war gut.
Wir haben manchmal über unsere Familien gesprochen, und das war viel schmerzhafter, weil ich von einem polnischen Freund seit Januar 1943 wusste, dass die Menschen nach Polen deportiert worden waren und dort getötet wurden. Ich wusste nicht, wie oder wo. Ich hatte noch nie von Auschwitz gehört, von Gaskammern oder Krematoriumsöfen, aber ich wußte, daß man tötete und ich wußte, daß ich meine Eltern nicht wiedersehen würde, daß es kaum eine Chance gab.»

Quelle: Zeugnis von Paul Niedermann über das Maison d'Izieu, Transkription des Tonbandes «Les voix d'Izieu», das im Haus ausgestrahlt wird.

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Das Zeugnis von Paul Niedermann auf France Culture erneut anhören